29.09.2010, 07:46
Große Wetten und größere Idioten
Wie die Deutsche Bank und andere von der Finanzkrise profitierten
Die einfachste Regel für Finanzinvestoren liefert die Greater Fool Theory – die Theorie des größeren Idioten. Sie besagt, dass man ruhig in wertlose Anlagen investieren kann, solange man einen größeren Dummkopf findet, der einem die Schrottpapiere teurer wieder abkauft.
Viele Banken verloren in der Finanzkrise Milliarden, weil sie so genannte Collateralized Debt Obligations (CDO) erworben hatten – Finanzvehikel, in denen faule US-Immobilienkredite im Wert von Milliarden Dollar gebündelt waren. Auf der anderen Seite dieser Geschäfte standen aber auch Gewinner. Sie waren nicht nur ihre Schrottpapiere losgeworden, sondern schlossen zusätzlich lukrative Wetten auf den Ausfall dieser Papiere ab.
Dazu kauften sie frühzeitig Kreditversicherungen, so genannte Credit Default Swaps (CDS). CDS funktionieren wie Feuerversicherungen – der Käufer zahlt eine Gebühr und bekommt dafür den Wert der versicherten Kredite ersetzt, wenn diese ausfallen. Im Unterschied zur Feuerversicherung auf das eigene Haus beziehen sich CDS aber oft auf Kreditpakete, die andere besitzen: CDS-Käufer versicherten sich also gegen Kredit-Ausfallrisiken, die sie gar nicht selbst eingegangen waren. CDS-Verkäufer luden sich die Risiken auf und machten so am Ende riesige Verluste.
Manche CDS-Verkäufer fanden aber selbst einen größeren Dummkopf: Die Investmentbank Goldman Sachs beispielsweise versicherte 2007 Kreditpakete in mehrstelliger Millionenhöhe für den Hedgefonds Paulson & Co. Goldman behielt die Kreditrisiken aus seinen CDS-Verkäufen aber nicht selbst, sondern verpackte diese Risiken in ein kompliziertes Investmentvehikel namens Synthetische CDO. Diese CDO verkaufte Goldman weiter - auch an die deutsche IKB-Bank, die auf den Risiken sitzen blieb und später vom Steuerzahler gerettet werden musste.
Die Komplexität von CDO machte sie für Spekulanten auf der Suche nach einem größeren Dummkopf so interessant: Ratingagenturen konnten oder wollten die Risiken der Schrottpapiere nicht erkennen und bewerteten sie deshalb als quasi risikofrei. Während die Käufer diesem Urteil blind vertrauten, wussten es die Verkäufer oft besser: Im Goldman-Fall hatte der Hedgefonds Paulson selbst darauf hingewirkt, dass sich der CDO auf besonders schlechte Kredite bezog. So ging Paulson sicher, dass die Kredite platzen und sich die Wette mit den CDS-Versicherungen auszahlt. Tatsächlich verdiente alleine der Chef des Hedgefonds damit 3,7 Milliarden Dollar im Jahr 2007.
Die Käufer des CDO verloren hunderte von Millionen. Und weil Goldman ihnen die Rolle Paulsons verschwiegen hatte, musste die Bank mehr als eine halbe Milliarde Dollar zahlen, um ein Betrugsverfahren der US-Börsenaufsicht abzuwenden.
Auch die Deutsche Bank steht im Visier der US-Behörden. Wie Goldman verkaufte sie Schrottpapiere und wettete gleichzeitig auf deren Ausfall. Und wie Goldman kooperierte sie dabei mit Paulson und anderen Hedgefonds. Laut Internet-Journal ProPublica half die Deutsche Bank etwa dem Hedgefonds Magnetar bei Wetten gegen Immobilienkredite. Auf der Verlierseite stand dabei wieder die in Düsseldorf ansässige IKB, die offenbar regelmäßig als der größere Dummkopf für die Deutsche Bank agierte. US-Autor Michael Lewis zitiert einen Deutsche-Bank-Mitarbeiter, der auf die Frage, welcher Idiot die Risiken auf sich nehme, antwortete: „Düsseldorf. Dumme Deutsche. Die nehmen die Ratingagenturen ernst.“
Diese Dummheit war ganz im Sinne der Bundesregierung: Jörg Asmussen, heute Finanz-Staatssekretär, hatte schon 2006 in einer Fachzeitschrift versprochen, dass „Instituten keine unnötigen Prüf- und Dokumentationspflichten“ entstehen sollten, wenn sie in Produkte wie CDO „mit gutem Rating“ investieren. Dass ausgerechnet die IKB diese Freiheit, Greater Fool zu sein, nutzte, verwundert nicht: Asmussen saß auch im IKB-Aufsichtsrat.
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29.08.2010
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